Der Staat, konkret das Bundesverkehrsministerium, missbraucht die Corona-Krise zu deutlichen Verschärfungen des Bußgeldkatalogs und weiterer Beschränkungen. Selbst übervorsichtige Juristen prangern die neue Bußgeld-Verordnung an. Sie ist unverhältnismäßig. Selbst mit drastischen Strafen wird es nicht gelingen, alle Verkehrstoten zu vermeiden. Die Entwicklung der Statistik der im Straßenverkehr Gestorbenen gibt keinen Anlass für die Verschärfung. Ganz im Gegenteil. Es ist nun beruhigend, das außerhalb der klassischen Medien ein Protest der Bürger stattgefunden hat, der Minister Andreas Scheuer veranlasst, diesen neuen Bußgeldkatalog zu entschärfen.
Alles begann mit der Herabsetzung des permantenten Führerscheinentzugs von 18 auf 9 Punkte. Dabei wurden aber die Tatbestände, die die Punkte veranlassen, nicht geändert oder in ihrer Wirkung gemildert. Lediglich eine Anhäufung über zwei Jahre wurde aufgehoben. Das erscheint die Verdoppelung der Schärfe des Punkteeintrags fast aufgehoben zu haben. Es blieben Proteste wie zur Zeit aus. Selbst die Lobby der Autofahrer, der eigentlich mächtige ADAC, winkte diese Neuordnung des Führerscheinentzugs durch. Warum er bei der jetzigen Verschärfung der Straßenverkehrsordnung nicht seine Mitglieder schützte, bleibt ein Rätsel.
Hat der ADAC seine Macht eingebüßt? Ja, es gab Skandale und einen neuen Präsidenten. Doch das war vorgestern. Jetzt fällt auf, dass die „Motorwelt“ nicht mehr an die Mitglieder verteilt wird. Es war die auflagenstärkste Zeitung Europas. Ohne Organ keine Macht mehr, lediglich die gelben Engel halten die Mitglieder. Aus einem Interessenverband wurde eine Versicherung, die allerdings mit der steigenden Qualität der Autos immer unnötiger wird. Schon steht die totale Geschwindigkeitsbegrenzung auf den deutschen Autobahnen auf 130 km/h an. Früher hätte dies der ADAC verhindert. Heute haben wir Glück, dass Scheuer dies in Corona-Zeiten nicht auch noch durchwinkte. Vielleicht fürchtet die CSU doch den Groll der Wähler. Es sind ja sowieso schon die Hälfte aller Autobahnstrecken mit Geschwindigkeitsbegrenzungen belegt. Dass Deutschland das einzige Land ohne totale Geschwindigkeitsbegrenzung sei, ist doch kein Argument.
Bei welcher Geschwindigkeit verbraucht ein Fahrzeug pro zurückgelegtem Kilometer den geringsten Kraftstoff? Das wäre z.B. eine Rechenformel für CO2-Emissionen und Klimaschutz. Solche Zahlen müsste der ADAC beisteuern. Sollte es sie geben, weiß dies keiner und so spielt dieses Argument für die Politik keine Rolle. Jede Freiheitseinschränkung braucht eine objektiv messbare und nachvollziehbare Begründung. Aber auch diese wird nicht geliefert. Das Verkehrsrecht folgt Standards, da findet eine Gesetzeskontrolle nicht statt. Es wäre zu raten, dass der ADAC die „Motorwelt“ wieder an seine Mitglieder verschickt. Nicht nur in Ungarn und Polen haben wir es mit Machtmissbrauch zu tun. Auch die CSU unter Markus Söder winkte den neuen Bußgeldkatalog durch. ek