Dass Deutschland bei der Digitalisierung noch Nachholbedarf aufweist, hören wir von den Politikern nur zu oft. Aber es scheint ihnen nicht zu gelingen, die Lücken zu schließen. Zwar werden den Schülern nun Laptops geschenkt für den Fernunterricht, aber was nützen sie, wenn in der Region kaum Internet empfangen werden kann wie z.B. im Allgäu (gehört auch noch zu Bayern). Der Handyempfang in deutschen Zügen ist eine Zumutung. Zu den Videokonferenzen stellt sich heraus, dass die meisten Computer in den Betrieben wieder über Mikro noch Kamera verfügen. Wird das I-Phone verwendet, kommt es zu Übertragungsproblemen der Sprache. Dann ist bei rund 10 Teilnehmern der Konferenz nur jeder zweite Satz erahnbar.
Der Wirtschaftsbeirat Bayern weicht mit seinen Veranstaltungen auch auf das Internet aus. Sein Server kann aber nur eine relativ kleine Teilnehmerzahl bedienen. Wenn sich mehr Zuschauer einloggen, bleibt bei ihnen die Übertragung hängen. Nur 20 % des Vortrags von Ifo-Präsident Prof. Clemens Fuest kamen so an. Nun wurde das Video auf Youtube gestellt. Dort können es Tausende gleichzeitig anschauen. Bei der Hanns-Seidel-Stiftung wird die Teilnehmerzahl limitiert – was eigentlich bei Internet wie eine Schikane wirkt. Aber so werden die zu kleinen Server in ihrer Funktion erhalten.
Unverständlich bleibt dann selbst bei einer eindeutigen Teilnahmebestätigung, dass eine Teilnahme dennoch unmöglich bleibt. Nicht nur weil das Einloggen von Vortrag zu Vortrag unterschiedlich verläuft und viele Berührungen von Feldern oder des Cursors den Benutzer nach der 10. Abfrage wieder aus dem Programm werfen. Am nächsten Tag wird mitgeteilt, dass es Streit um Übertragungsrechte gab – also niemand teilnehmen konnte. Doch für so einen Fall ist die Software nicht vorbereitet. Der Veranstalter kommt aber nicht auf die Idee, sofort eine Mail loszusenden an alle Angemeldeten oder noch besser einen Maildialog während der ganzen Web-Sendung aufrecht zu erhalten. Da ist Ärger vorprogrammiert. Alle Einloggschwierigkeiten führen dazu, dass die Teilnehmer nicht pünktlich eintreffen. So beginnen die Web-Veranstaltungen meist 10–15 Minuten später. Wenn dann auch nochein Werbeblock für den Veranstalter vorgeschaltet ist – gesprochen vom Geschäftsführer – und das jeden Tag, dann wird das pünktliche Einloggen auch noch bestraft. Generell wird viel zu viel Unnützes geplaudert. Die Regie ist mehr als mangelhaft. Zeitverschwendung! Und das bei Serienveranstaltern.
Im geschäftlichen Bereich, z.B. einer Aufsichtsratssitzung, bedarf es trotz eines Probelaufs am Vortag dann doch wieder mehr als eine halbe Stunde, bis jeder jeden sehen und hören kann. Selbst mit Programmierern unter den Teilnehmern kann es aber auch sein, dass nur einer seine Bilder zeigen kann und alle übrigen im Dunkeln verbleiben müssen. Eine gerne gebrauchte Übertragungssoftware kommt übrigens auch China. Hier fand kurzerhand keine Diskussion statt, ob der Big Brother dort mithört. Warum gelingt es Deutschland nicht, so eine Video-Konferenz-Software als Standard anzubieten. Wo ist da die Telekom?
Unternehmen bräuchten einen Videokonferenzraum. Selbst bei professionell eingerichteten Staatsstudios kommt es dann zu Übertragungs- sprich Softwareproblemen. So müssen die Regierungschefs aller EU-Staaten dann auch mal eine halbe Stunde auf die Fortsetzung der Videokonferenz warten. Warum zieht man nicht Fernsehübertragungsprofis hinzu? Geheimhaltung ist auch nicht möglich. Geübte Programmierer können sich einloggen. Da könnte man auch gleich die Presse oder die ganze Öffentlichkeit mit an Bord nehmen. So sehr die Corona-Krise angeblich nützen soll, Digitalformate zu beflügeln, so dass auch nach der Notstandszeit Videokonferenzen echte Treffen ersetzen, der Digitalisierungsnotstand wird daran die Lust verderben. Eigentlich sollten wir in der Lage sein, diese Defizite noch in der laufenden
Krise zu beheben. Aber wie so vieles in der Covid-19-Bekämpfung bleibt auch dies ein Wunschdenken. ek