Die bezaubernden Tonellis

Februar 24, 2020

Nach Jubiläumsveranstaltungen mit unvorstellbaren Höhepunkten und hohen Erwartungen für die Folgejahre hat sich der Tonelli 2020 seinen eigenen Superlativ gegeben. Alles wirkte besser getaktet, souverän im Vortrag und mit mindestens so vielen Neuerungen besetzt. Es gab auch kein Gefälle zwischen den Nummern. Alle waren erstklassig und voll durchkomponiert. So können problemlos weitere Programme entwickelt werden. Erstaunlich, wieviel Neues den Wolnzachern einfällt. Das wird wohl immer so sein, nehmen wir nach dem Tonelli 2020 an.

Zirkusdirektor Georg Hölzl, wieder in vielen Kostümen im Scheinwerferlicht auf der Regietreppe, trug souverän seine gar nicht so kurzen Texte vor. Er wirkte völlig unaufgeregt, wie alle Darsteller. Nun hat er seine großen Vorgänger eingeholt. Das weiß er selbst. Vordirektor Max Niedermeier wagte eine Paris-Nummer mit Tonelli-Urgestein Poppy Heilmeier (Eisl). Er der romantische zurückhaltende Musiker, sie die Verführerin, die nach feurigen Tänzen auch siegte. Generell nahmen die Tanznummern zu. Nur zwei Akrobatik-Stücke sorgten für Spannung: „High 5“ an zwei innovativen Kletterpfosten und Francine et Juliette an einem für Wolnzach eigens entwickelten quadratischen Trapez. Man muss sich dabei immer wieder vor Augen halten, dass hier Laien, ja „Wolnzacher wie du und ich“, diese Darbietungen einstudiert haben und gekonnt ausführen.

Innovationen auch am Boden: Die „Chicas Brillantes“ zeigten Lichtformen, die noch nie zuvor in Wolnzach zu sehen waren. Die neun Frauen trugen ganz schwarz und verschwanden hinter den Lichtern. So tanzten nur diese Lichtformen. Ein Rokoko-Paar verwandelte sich in Rock’n’Roll-Tänzer mit Hochleistungsformen (Duo Rock’O’ko). Die „Carboneros“ (Familie Köhler) zeigten heuer ihre Ballkünste in und zu Drainagerohren. Rolf Berger begleitete sie am Trommelbecken. Oder ein Tanz mit Schirmen (die „Umbrelles“) gefällig? Die Kindernummer mit Michaela Eisenmann und Andrea Thalmair, als Popcorn-Verkäufer unterwegs, wirkte heuer sehr gut durchkomponiert, ja fast schon professionell.

Es gibt freilich auch konstante Komponenten wie die Tonelli-Garde, das Orchester über dem Einlasstor, die Technik und die unermüdlichen Manegediener, die Manegeristas, die Bewirtungstruppe (La Cantina), ja die ganze Ausstattung des Zirkusrondells mit Bänken. Es steckt so viel Arbeit im Aufbau, den Kostümen und dem Einüben der Regie. Jeder Handgriff sitzt. An alles ist gedacht. Was wie selbstverständlich aussieht und wirkt, ist alles besprochen und einstudiert. Wolnzach ist auf seine Tonellis sehr stolz. Andere Orte versuchen erst gar nicht, die Zirkusdarbietung aufzugreifen.

Wieder einmal zeigen sich auch die Tonelli-Familien. Sie bieten in jedem Jahr eine Nummer. So sind Rudi Pfab jun. mit Birgit Brummer als Rudi Hopperfield die Magier. Ihnen fällt immer ein neuer Trick ein wie heuer ein Entfesselungsklassiker. Die Brauns wirkten heuer als Einhörner unter Lord Bobby Glitzer (Christian Andreas) mit. Die Pfab- und Rath-Kinder stellen die High-5-Gruppe an den Steigrohren und turnen am Viereck-Trapez. Richard Eibel jun. findet sich bei der „Elsenheimer Puppenkiste“ als Puppe. Die Waldingers tanzen bei den „Esmeraldas“. Es ließen sich noch viel Namen auflisten.

Bei den „Sägleim Symphonikern“ (Musiker mit Gipsbandagen, dirigiert von einem Blinden) zeigten die Schwarzhubers ihr theatralisches Talent. Simon Westermair ließ sich auf eine Scheibe binden, die ein Betonmischer antrieb. Vitus Rebl und Vroni Hellerbrand dürfen natürlich auch nicht fehlen (Vitus und Vroni). Sie inszenierten einen Liebesfilm mit Zuschauern. Diese spielten so phantastisch mit, dass der Zufall kaum zu glauben war. Vielleicht zeichnet unseren Markt eine dramaturgische Ader aus. Und Gott sei Dank auch dabei: das „Philosophische Quartett“ mit Josef Öttl, Alex Maier und Uli Schechinger. Die Clowns nahmen die Wolnzacher Politik auf den Arm, befragt von einem venezianischen Clown. Und zum Schluss dürfen alle Teilnehmer nochmals durch die Manege. 2020 formten sie sich zum Schluss zu einem großen Gruppenbild, wie zuvor schon für das Programmheft aufgenommen. ek