Der ruhige November

November 04, 2019

Am 31. Oktober sind die Briten also doch noch in der EU verblieben und so wird sich bis zum Ende des Jahres nichts verändern. Die Wahlen in Großbritannien werden beweisen, dass niemand einen harten Brexit will. Allerheiligen führte die katholische Kirche ein, um das keltische Neujahr einzugliedern. Das Gedenken an die Verstorbenen ersetzt die Vorstellung, dass sie in der Nach vom 31. Oktober auf 1. November in die Welt zurückkehren.

Ansonsten stellt sich der November als ruhigster Monat des Jahres dar: kein Volksfest mehr, noch Fasching, noch Starkbieranstich. Am 11.11 um 11:11 h beginnt zwar der Karneval, aber noch am selben Tag wird er weggepackt bis Anfang Januar. Erst am Ende setzt die Illumination ein: Am letzten Sonntag des Novembers ‘19, nach dem letzten Tag der offenen Türen.

Der November wird geprägt vom Volkstrauertag und dem Gedenken an die Gefallenen bzw. die Mahnung zum Frieden. Ein Läuterungsmonat. Die Ruhe kehrt sich nach innen. Meist passt das Wetter dazu. Im November will niemand wegfahren. Bestenfalls beginnt die Skisaison in den Alpen. Für Wanderungen in den Bergen ist es zu kalt und ungemütlich. Mancher mag deshalb mit unserem Wetter hadern. Der Winter steht vor der Tür. Melancholie wurde früher im September besungen, doch der November eignet sich besser dazu.

Im November herrscht die wirklich „staade“ Zeit, die im Dezember mit Weihnachtsfeiern, Geschenke-Besorgen, Vorbereitung des Weihnachtsurlaubs u.v.m. schon längst nicht mehr besteht. Die Nächte sind auch schon früh da, aber es brennt noch keine Weihnachtsbeleuchtung in den Straßen. Halten wir so viel Dunkelheit und Ruhe überhaupt noch aus? Ist es nicht an der Zeit, für den November spezifische Programme zu entwickeln? Der November als Monat des Besuchs von Kunstausstellungen, Theateraufführungen, Jazz-Festivals? Manches klingt einfach, anderes schafft eine gewisse Scheu, dem November seine Ruhe und Tiefe zu nehmen.

In Zeiten, in denen viele stundenlang auf ihr Handy starren, bedarf es sicherlich eines „anderen“ Monats, der zur Selbstbesinnung anleitet, Sinnfragen stellt und nicht gleich nach Aktion und Vergnügen greift, um abzulenken. Es passt, dass der November mit Allerheiligen beginnt und mit der Illumination endet und wir das große Loch dazwischen mit uns selbst zu füllen haben. ek